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Staatsanwaltschaft erhebt im Zusammenhang mit der Insolvenz einer Drogeriemarkt-Kette Anklage gegen den früheren Inhaber des Unternehmens, dessen Ehefrau, seine beiden Kinder und zwei Wirtschaftsprüfer

Datum: 14.04.2016

Kurzbeschreibung: 
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat gegen sechs Angeschuldigte Anklage zum Landgericht - Große Wirtschaftsstrafkammer - Stuttgart erhoben.

Der Hauptangeschuldigte war Inhaber eines großen Einzelunternehmens, das eine namhafte Drogeriemarktkette im In- und Ausland betrieb und darüber hinaus zahlreiche Tochterunternehmen hatte. Der gesamte Konzern geriet ab dem Jahr 2000 in eine strategische Krise, die durch stagnierende Umsätze und rückläufige Ergebnisse gekennzeichnet war. Wegen Zahlungsunfähigkeit wurde am 28.03.2012 zunächst das Insolvenzverfahren über das Privatvermögen des Hauptangeschuldigten eröffnet, auch soweit es in dem Einzelunternehmen gebunden war. In der Folge wurden auch über die jeweiligen Vermögen der Tochterunternehmen Insolvenzverfahren eröffnet.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Hauptangeschuldigten vor, in Kenntnis der drohenden Zahlungsunfähigkeit seines Unternehmens in insgesamt 36 Fällen Vermögenswerte beiseite geschafft und dem Zugriff der Gläubiger entzogen zu haben. Darüber hinaus soll er hinsichtlich der Geschäftsjahre 2009 und 2010 die Verhältnisse seines Unternehmens im Jahresabschluss bzw. die Verhältnisse des Konzerns im Konzernabschluss unrichtig wiedergegeben haben und in einem Fall vor dem Insolvenzgericht unrichtige Angaben gemacht und diese an Eides Statt versichert haben.

Seine Ehefrau und seine beiden Kinder sollen dem Hauptangeschuldigten in mehreren Fällen dabei geholfen haben, dem Unternehmen Vermögenswerte zu entziehen. Den Kindern wird darüber hinaus vorgeworfen, als faktische Geschäftsführer eines Logistikunternehmens dieses um mehrere Millionen Euro geschädigt zu haben, indem sie sich diesen Betrag als angeblichen Gewinn aus dem Geschäftsjahr 2011 ausschütten ließen, obwohl das Unternehmen - wie sie wussten - in diesem Geschäftsjahr nur Verluste erwirtschaftet hatte und bereits überschuldet war. Außerdem unterließen sie es als faktische Geschäftsführer dieses Logistikunternehmens bewusst pflichtwidrig, rechtzeitig einen Insolvenzantrag zu stellen und veranlassten zwei Zahlungen in Höhe von insgesamt ca. 52.000 Euro vom Geschäftskonto des Logistikunternehmens auf ein Privatkonto ihrer Mutter für - wie sie wussten - tatsächlich nicht erbrachte Beraterleistungen. Auch für ein weiteres Unternehmen, deren faktische Geschäftsführer die beiden Kinder des Hauptangeschuldigten waren, veranlassten diese trotz Kenntnis von der zumindest drohenden Zahlungsunfähigkeit zwei unberechtigte Zahlungen in Höhe von insgesamt ca. 19.000 Euro vom Geschäftskonto des Unternehmens auf das Privatkonto ihrer Mutter.  

Die beiden angeschuldigten Wirtschaftsprüfer waren mit der Prüfung des Jahresabschlusses des Einzelunternehmens des Hauptangeschuldigten im Geschäftsjahr 2009 bzw. des Konzernabschlusses für das Geschäftsjahr 2010 beauftragt. Ihnen wird zur Last gelegt, im Rahmen dieser Prüfung die falsche Bilanzierung durch den Hauptangeschuldigten zwar erkannt, dessen ungeachtet aber in beiden Fällen attestiert zu haben, dass ihre Prüfung zu keinen Einwendungen geführt habe und die Jahresabschlüsse den gesetzlichen Vorgaben entsprächen.

 

Die 11. Kammer des Landgerichts Stuttgart hat nun über die Eröffnung des Hauptverfahrens und die Anberaumung der Verhandlungstermine zu entscheiden.

 

Ergänzende Hinweise:

 

§ 156 StGB (Falsche Versicherung an Eides Statt)

Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eides Statt zuständigen Behörde eine solche Versicherung falsch abgibt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung falsch aussagt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

 

§ 266 StGB (Untreue)

(1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, mißbraucht oder die ihm kraft Gesetzes, behördlichen Auftrags, Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) § 243 Abs. 2 und die §§ 247, 248a und 263 Abs. 3 gelten entsprechend.

 

§ 283 StGB (Bankrott)

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

 

1. Bestandteile seines Vermögens, die im Falle der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Insolvenzmasse gehören, beiseiteschafft oder verheimlicht oder in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise zerstört, beschädigt oder unbrauchbar macht,

 

2. in einer den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft widersprechenden Weise Verlust- oder Spekulationsgeschäfte oder Differenzgeschäfte mit Waren oder Wertpapieren eingeht oder durch unwirtschaftliche Ausgaben, Spiel oder Wette übermäßige Beträge verbraucht oder schuldig wird,

.

7. entgegen dem Handelsrecht

a) Bilanzen so aufstellt, dass die Übersicht über seinen Vermögensstand erschwert wird, oder

 

§ 283a StGB (Besonders schwerer Fall des Bankrotts)

In besonders schweren Fällen des § 283 Abs. 1 bis 3 wird der Bankrott mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

  1. aus Gewinnsucht handelt

 

 

§ 17 PublG (Unrichtige Darstellung)

Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer als gesetzlicher Vertreter (§ 4 Abs. 1 Satz 1) eines Unternehmens oder eines Mutterunternehmens, beim Einzelkaufmann als Inhaber oder dessen gesetzlicher Vertreter,

1. die Verhältnisse des Unternehmens im Jahresabschluß oder Lagebericht unrichtig wiedergibt oder verschleiert,

[…]

2. die Verhältnisse des Konzerns oder Teilkonzerns im Konzernabschluß, Konzernlagebericht, Teilkonzernabschluß oder Teilkonzernlagebericht unrichtig wiedergibt oder verschleiert,

 

§ 18 PublG (Verletzung der Berichtspflicht)

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer als Prüfer nach diesem Gesetz oder als Gehilfe eines solchen Prüfers über das Ergebnis der Prüfung falsch berichtet oder erhebliche Umstände im Bericht verschweigt.

(2) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.

 

§ 15a InsO (Antragspflicht bei juristischen Personen und Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit)

(1) Wird eine juristische Person zahlungsunfähig oder überschuldet, haben die Mitglieder des Vertretungsorgans oder die Abwickler ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, einen Eröffnungsantrag zu stellen. Das Gleiche gilt für die organschaftlichen Vertreter der zur Vertretung der Gesellschaft ermächtigten Gesellschafter oder die Abwickler bei einer Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist; dies gilt nicht, wenn zu den persönlich haftenden Gesellschaftern eine andere Gesellschaft gehört, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist.

[…]

(4) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer entgegen Absatz 1 Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2 oder Absatz 2 oder Absatz 3, einen Eröffnungsantrag nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig stellt.

 

 

(Ansprechpartner: Staatsanwalt Holzner, Tel. 0711/921-4400)

 

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